Stundenuhr des Leidens


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Stunde von 22 bis 23 Uhr

Zweite Stunde der Todesangst Jesu am Ölberg


Mein Jesus! Schon ist eine Stunde verflossen, seit du im Garten Gethsemane weilst. Die Liebe hat die Oberherrschaft in allem an sich genommen und lässt dich auf einmal das leiden, was die Henkersknechte dir im Verlauf deiner bittersten Passion zu leiden geben.

Mein Jesus! Ich sehe dich wanken bei deinen Schritten, und trotzdem schreitest du voran. Sag mir, mein höchstes Gut, wohin lenkst du deine Schritte? Ach, du willst deine geliebten Jünger aufsuchen. Ich begleite dich, um dich in meinen Armen zu halten, wenn du wankst.

Mein Jesus! Ein anderer bitterer Schmerz wartet auf dich. Die Jünger schlafen. Du, immer mitleidvoll, rufst sie wach und ermahnst sie mit väterlicher Liebe, empfiehlst ihnen zu wachen und zu beten. Dann kehrst du in den Garten zurück. Aber noch eine andere Wunde trägst du im Herzen, und in ihr erblicke ich alle Wunden, die dir die Gott geweihten Seelen schlagen. Anstatt sich an dich anzuschließen, zu wachen und zu beten, überlassen sie sich selber, sei es aus Nachlässigkeit, sei es, weil sie versucht werden, sei es, weil sie nicht in der richtigen Geistesverfassung sind. Während sie voranschreiten sollten in der Liebe und Vereinigung mit dir, schlafen sie, werden lau und machen Rückschritte. Wie sehr bemitleide ich dich, du Liebhaber der Seelen! O ich möchte alle Undankbarkeit jener sühnen, die dir so lieb und teuer sind. Diese Treulosigkeiten betrüben am meisten dein anbetungswürdiges Herz. So groß ist die Bitterkeit des Schmerzes, dass er dich erdrücken möchte. O Liebe ohne Ende! Das Blut, das in deinen Adern siedend heiß wallt, besiegt alles und vergisst alles. Ich sehe dich betend am Boden liegen. Du opferst dich auf, sühnst und bemühst dich, für alle Menschen den Vater zu verherrlichen. Auch ich, mein Jesus, werfe mich mit dir nieder, und im Verein mit dir möchte ich das tun, was du tust. Aber was sehe ich, mein Jesus? Ich sehe dich beladen mit allen Sünden der ganzen Welt. All unser Elend, alle unsere Schwäche, die schwersten Vergehen, die empörendste Undankbarkeit, die entsetzlichsten Verbrechen, die zügellosesten Grausamkeiten, alle Ausbrüche des Hasses, das Niedermetzeln von Menschen, alle Gotteslästerungen, alle Häresien und Schismen, ja der ganze Abgrund menschlicher Verworfenheit stellen sich dir vor Augen, drücken dich nieder, zermalmen dich und schlagen dir tiefe Wunden. Und was tust du? Das Blut, das in heißer Liebe in dir wallt, stellt sich all diesen Vergehen entgegen. Die Adern öffnen sich, das Blut strömt heraus, benetzt die Kleider, rinnt zur Erde. Und du gibst Blut für Beleidigungen, Leben für Tod.

Meine Liebe, in welchen Zustand sehe ich dich versetzt! Dein Atem geht schwer. Mein süßes Leben, verscheide nicht! Richte dein Haupt von der Erde auf, die gerötet ist von deinem kostbaren Blute. Komm in meine Arme und lass in dieser Umarmung mich an deiner Stelle sterben. Aber ich höre deine bebende, fast erstorbene Stimme, die fleht: „Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber. Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!" Schon zum zweiten Mal sprichst du so. Wie ein Schwert durchdringt deine Stimme mein Herz. Alle Empörungen deiner Geschöpfe stellen sich dir vor Augen. Jenes Fiat! (Dein Wille geschehe!), welches das Leben eines jeden Menschen sein soll, sehe ich fast von allen zurückgewiesen. Statt das Leben finden sie den Tod. Und du, der du allen Menschenkindern Leben spenden und dem Vater feierliche Sühne für die Empörungen jener leisten willst, die sich seinem Willen entziehen und verloren gehen, wiederholst dreimal: „Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber! (Der Kelch ist zwar sehr bitter.) Aber nicht mein, sondern dein Wille geschehe!" Während du so sprichst, mein höchste Gut, überwältigt dich ein so bitterer Schmerz, dass er dich zum äußersten bringt, dich in Todesangst versetzt und du den Eindruck erweckst, als wolltest du den letzten Atemzug tun. Jesus, meine Liebe! Auch ich will mich mit dir vereinigen, mitleiden und sühnen mit dir für alle Nachlässigkeiten und Sünden, die gegen deinen heiligsten Willen begangen werden. Ich bitte, dass ich in allem deinen heiligsten Willen erfülle. Dein Wille sei die Luft, die ich atme, der Schlag meines Herzens, mein Gedanke, mein Leben und der Triumph in meinem Tode.

Mein Jesus, nein, du darfst nicht sterben! Wohin soll ich gehen ohne dich? An wen mich wenden? Wer wird mir in Zukunft beistehen? Alles hätte für mich ein Ende. Nein, lass mich nicht aus der Hand, halte mich bei dir. Es soll keinen Augenblick geben, der mich von dir trennt. Lass mich deine Schmerzen mildern, sühnen für dich und leiden mit dir für alle, denn das Gewicht der Sünden jeder Art lastet schwer auf dir und droht, dich zu erdrücken. Ich verehre dein hl. Haupt, meine Liebe. Ich sehe alle bösen Gedanken, deren entsetzliche Hässlichkeit du schaust. Jeder von ihnen ist ein Dorn, der sich unter stechendem Schmerz in dein Haupt bohrt. Deine Schergen werden dir nur eine Dornenkrone aufs Haupt setzen. Aber wie viele entsetzliche Kronen setzen die bösen Gedanken aller Menschen auf dein anbetungswürdiges Haupt? ... Schon quillt das Blut aus allen deinen Gliedern, rinnt von der Stirne, von den Haaren und vom ganzen Körper. Wie fühle ich Mitleid mit dir, o Jesus! Ich möchte dir gleichfalls Kronen aufs Hauptsetzen, aber Kronen der Glorie. Ich opfere dir auch die Gedanken der hl. Engel auf und deine eigenen heiligen Gedanken, um dir mein Mitleid zu bezeigen, deine Schmerzen zu lindern und für alle Menschen zu sühnen.

Jesus, ich sehe in deinen gütigen Augen alle bösen Blicke der Menschen, die auf dein Angesicht Blutstränen fließen lassen. Ich habe Mitleid mit dir und möchte deine Blicke dadurch erfreuen, dass ich in Vereinigung mit der Liebe deines Herzens ihnen alle Wonnen zeige, die sich im Himmel und auf Erden finden können. Jesus, höchstes Gut! Zu dir hingeneigt, vernehme ich das Echo der entsetzlichen Gotteslästerungen, der Schreie nach Rache und der üblen Nachreden. Es gibt keine Stimme, die in deinen keuschen Ohren nicht ihr Echo fände. O unersättliche Liebe! Ich habe Mitleid mit dir und möchte dir dadurch Trost bereiten, dass ich in deinen Ohren alle Harmonien des Himmels, die süße Stimme deiner Mutter, die glühenden Liebesseufzer Maria Magdalenens und aller Gott liebenden Seelen ertönen lasse.

Mein Leben, ich möchte innig dein heiligstes Antlitz küssen, dessen Schönheit nicht seinesgleichen hat; jenes Antlitz, das die Engel sehnlichst zu schauen gelüstet ob seiner Schönheit, die sie hinreißt. Und doch besudeln die Schergen dieses Angesicht mit Speichel, geben ihm Backenstreiche und treten es mit Füßen. Meine Liebe, welche Verwegenheit! Ich möchte schreien, um sie in die Flucht zu schlagen. Ich habe Mitleid mit dir. Jene Beschimpfungen zu sühnen, begebe ich mich zur Hlst. Dreifaltigkeit, um die Liebe des Vaters und des Hl. Geistes, die Zärtlichkeit deiner himmlischen Mutter und ihre tiefe Anbetung zu fordern. All das opfere ich dir auf, um die Unbilden zu sühnen, die man deinem heiligsten Antlitz zufügt. - Ich fühle Mitleid mit dir ob der Bitterkeit, mit der dein Mund erfüllt ist. Grauenhafte Flüche, Trunksucht und Gaumenlust, schamlose Reden, schlecht verrichtete Gebete, unheilvolle Lehren, all das, was der Mensch Böses stiftet mit der Zunge, haben sie verursacht. Ich habe Mitleid mit dir und möchte deinem Munde Süßigkeiten zu kosten geben, indem ich dir die Lobgesänge der Engel und die erbaulichen Reden der guten Christen darbringe, die von ihrer Zunge einen heiligen Gebrauch machen.

Mein niedergebeugter Jesus! Ich sehe deinen Hals umschlungen mit Stricken und Ketten, die dir die sündhafte Anhänglichkeit der Menschen bereitet. Ich habe Mitleid mit dir. Um dich aufzurichten, bringe ich dir als Opfergabe das unauflösliche Band dar, das die Personen der Hlst. Dreifaltigkeit verbindet. Indem ich an dieser Vereinigung teilnehme, strecke ich meine Arme nach dir aus, um für deinen Hals Ketten der Liebe zu schmieden. Damit will ich die Fesseln sündhafter Anhänglichkeit lösen, die dich gleichsam ersticken möchten. Um dir Trost zu spenden, drücke ich dich fest an mein Herz.

Jesus, du Kraft Gottes! Ich sehe deine Schultern zerrissen. In Stücken hängt das Fleisch herunter infolge der Ärgernisse und der bösen Beispiele der Menschen. Ich bemitleide dich und opfere dir zur Erquickung dein heiligstes Beispiel auf, das Beispiel deiner königlichen Mutter und das aller Heiligen. Auch möchte ich alle deine Schulterwunden heilen, alle Seelen, die durch die Sünden des Ärgernisses von deinem Herzen losgerissen sind, in ihnen verschließen, damit so der zerfleischte Leib deiner Menschheit wieder gesunde.

Mein trostloser Jesus! Ich sehe deine Brust schmerzlich durchfurcht von der Kälte, Lauheit und Undankbarkeit der Menschen, die deiner Gnade nicht entsprechen. Ich habe Mitleid mit dir. Dich zu trösten, opfere ich dir die wechselseitige Liebe des Vaters und des Hl. Geistes, die volle Übereinstimmung der drei göttlichen Personen. Ich möchte mich versenken in deine Liebe, dir Genugtuung leisten, indem ich die Menschen abhalte, neue Sünden zu begehen, die dich gleich Pfeilen treffen. Hingegen will ich sie mit den Pfeilen deiner Liebe verwunden, damit sie sich nicht mehr erdreisten, dich zu beleidigen. Ich möchte deine eigene Liebe in deine Brust zurückleiten, um dich zu stärken und aufzurichten. [1]

Mein Jesus, ich küsse deine Schöpferhände und nehme wahr, wie alle bösen Handlungen der Geschöpfe sie durchbohren wie Nägel. Aber nicht mit drei Nägeln wie am Kreuze, sondern mit so vielen Nägeln, wie Menschen böse Handlungen begehen. Ich habe Mitleid mit dir. Um dich zu trösten, opfere ich dir alle heiligen Handlungen der Menschen auf und den Starkmut der Märtyrer, mit dem sie Blut und Leben aus Liebe zu dir hingaben. Ich möchte dir zudem alle guten Werke als Opfer darbringen, um dir die zahllosen Nägel der bösen Werke wegzunehmen.

Jesus, ich küsse deine heiligen Füße, die unermüdlich sind, Seelen zu gewinnen. In ihnen möchtest du alle Schritte der Menschenkinder verschließen, aber viele von ihnen siehst du vor dir fliehen und möchtest sie aufhalten. Bei jedem ihrer Schritte, die sie zum Bösen führen, fühlst du, wie dir ein Nagel eingetrieben wird. Und du möchtest dich ihrer Nägel bedienen, um sie an deine Liebe zu heften. Mein Gott und höchstes Gut! Ich bemitleide dich. Um dich zu trösten in deinem Schmerz und für dein Bemühen, die Menschen an deine Liebe zu heften, opfere ich dir die Schritte aller guten Ordensleute und aller frommen Seelen auf, die ihr Leben preisgeben, um Seelen zu retten.

Jesus, du fährst fort, Todesangst auszustehen, nicht der Leiden wegen, die dich die Juden erdulden lassen, sondern wegen jener, die dir die Sünden der Menschen bereiten. In diesen Stunden willst du der Liebe den ersten Platz einräumen, den zweiten den Sünden, für die du Sühne und Genugtuung leistest, den Vater verherrlichst und die göttliche Gerechtigkeit besänftigst; den dritten den Juden. Damit zeigst du, dass die Passion, welche dich die Juden erdulden lassen, nichts anderes ist als die Darstellung der zweifachen, schmerzvollen Passion, die dich die Liebe und die Sünde erdulden lassen. So sehe ich in deinem Herzen vereinigt: die Lanze der Liebe und die der Sünde. Nun wartest du auf die dritte, die Lanze der Juden. Dein von der Liebe überwältigtes Herz leidet unter seinen gewaltsamen Bewegungen, unter der Ungeduld seiner Liebe und verzehrenden Sehnsucht, unter seinen feurigen Schlägen, die jedem Herzen Leben geben möchten. Gerade hier in deinem Herzen fühlst du am heftigsten all das Leid, das dir die Geschöpfe bereiten. Mit ihren bösen Neigungen, ungeordneten Begierden und schändlichen Wünschen suchen sie andere Liebe statt die deinige.

Jesus, wie schwer leidest du! Ich sehe dich einer Ohnmacht nahe, versenkt in ein Meer der menschlichen Ruchlosigkeit. Ich fühle tiefes Mitleid mit dir und möchte die Bitterkeit deines dreifach durchbohrten Herzens versüßen, indem ich dir die Wonne des ewigen Lebens, die süße Liebe deiner Mutter Maria und die aller deiner wahren Liebhaber in einer Opferschale darbiete.

Mein Jesus, mache doch, dass von diesem deinem Herzen mein armes Herz Leben empfange, auf dass es nur mehr mit deinem Herzen allein lebe. Bewirke auch, dass ich bei jeder Beleidigung, die du erfährst, stets bereit sei, dir eine Erquickung, einen Trost, eine Sühne, einen nie unterbrochenen Akt der Liebe darzubringen.

 

Erwägungen und praktische Übungen.

In der zweiten Stunde des Verweilens im Garten Gethsemane stellen sich Christus die Sünden aller Zeiten vor Augen. Er nimmt diese Sünden auf sich, um dem Vater gebührende Verherrlichung zu geben. Er sühnte demgemäß für sie und empfand in seinem Herzen die Seelenverfassung eines jeden von uns, ohne sein Gebet zu unterbrechen. - In welcher Seelenverfassung befinden wir uns? Wenn wir kalt, hart und versucht sind, beten wir dann und sind wir beharrlich im Gebet? Bieten wir Jesus unsere Seelenleiden als Sühne und als Tröstung dar? Als Ursache seines Seelenleidens sollten wir ihn umringen, ihm unser Mitleid bezeigen und ihn trösten, ja, wäre es möglich, ihm sagen: „Jesus, du hast zuviel gelitten. Gönne dir Ruhe, wir werden an deiner statt leiden." Sind wir niedergeschlagen oder legen wir vielmehr mutig unsere Leiden zu seinen Füßen, auf dass er in uns seine Menschheit finde? Stellen wir so unsere Menschheit in den Dienst Jesu? Was tat seine Menschheit? Sie verherrlichte den Vater, sühnte und flehte um das Heil unserer Seelen. Legen wir in alles, was wir tun, diese drei Intentionen hinein, sodass wir sagen könnten: Wir schließen in uns die ganze Menschheit Jesu ein?

Wird es dunkel in unserer Seele, machen wir dann die gute Meinung, wenigstens in anderen das Licht der Wahrheit aufleuchten zu lassen und das Eis von so vielen Herzen zu schmelzen, die in der Sündenschuld erstarrt sind?

Mein Jesus! Um dir mein Mitleid zu zeigen und dich in deiner Niedergeschlagenheit aufzurichten, erhebe ich mich bis zum Himmel und möchte mir im Geiste deine Gottheit zu eigen machen. Indem ich dich damit wie mit einem Schutzwall umgebe, möchte ich von dir alle Beleidigungen der Geschöpfe fernhalten; möchte dir deine Schönheit darbieten, um dich die Hässlichkeit der Sünde nicht schauen zu lassen; deine Heiligkeit, damit du bewahrt bleibest vor dem Abscheu gegen jene Seelen, die dich erschauern lassen, weil sie tot sind für die Gnade; deinen Frieden, um alle Zwistigkeiten, alle Empörungen und Verwirrungen unter den Geschöpfen zu verscheuchen; deine Harmonien im Gottesreiche, um dein Gehör gegen alle bösen Zungen zu verschließen.

Mein Jesus, ich möchte dir als Opfer so viele Sühneakte darbringen, wie dir Beleidigungen widerfahren. Sie möchten dir gleichsam den Tod geben, während ich dir mit meinen Akten Leben spenden will. Sodann möchte ich eine Woge aus dem Meer deiner Gottheit über alle Menschen sich ergießen lassen, damit sie sich infolge der Berührung mit dir nicht mehr getrauen, dich zu beleidigen. [2] Auf diese Weise allein werde ich, o Jesus, dir mein Mitleid bezeigen können für alle Unbilden, die du von den Menschen erfährst.

Jesus, mein süßes Leben! Meine Gebete und meine Leiden mögen unablässig zum Himmel emporsteigen, um auf alle Menschenkinder das Licht der Gnade herabregnen zu lassen und dein eigenes Leben in mich aufnehmen zu können.