Stundenuhr des Leidens


Vatican News

Vatican Widget...


23. Stunde von 15 bis 16 Uhr

Durchbohrung der Seite Jesu mit der Lanze.
Abnahme vom Kreuz.


Mein gestorbener Heiland! Die Natur stieß einen Schrei des Schmerzes aus bei deinem Verscheiden und beweinte deinen schmerzvollen Tod, da sie dich als ihren Schöpfer anerkannte. [1] Die Engel umschweben zu Tausenden und Abertausenden dein Kreuz und beweinen deinen Tod, beten dich als wahren Gott an und begleiten dich zur Vorhölle, wo du jene zahllosen Seelen beseligst, die seit Jahrhunderten und Jahrtausenden auf deine Ankunft gewartet haben.

Mein Jesus! Ich vermag mich nicht vom Kreuz zu trennen, kann nicht satt werden, deine heiligen Wundmale zu küssen, die mir mit eindringlicher Beredsamkeit erzählen, wie sehr du mich geliebt hast. Wenn ich deinen zerfleischten Leichnam sehe, die Wunden, so tief, dass deine Gebeine bloßliegen, ach, dann vermeine ich, sterben zu müssen. Mit meinen Tränen möchte ich deine Wunden waschen, möchte dich so innig lieben, dass meine Liebe sie heilt und deiner Menschheit, die gänzlich unkenntlich geworden ist, ihre natürliche Schönheit wiedergibt. Ich möchte mein Blut spenden, um deine blutleeren Adern zu füllen und dich zum Leben zurückzurufen.

Mein Jesus, was vermag doch die Liebe nicht alles! Liebe ist Leben. Ich möchte dir mit meiner Liebe Leben geben. Genügt aber die meinige nicht, dann gib mir deine Liebe, mit der ich alles vermag. Ganz gewiss werde ich deiner heiligsten Menschheit Leben geben können.

Mein süßer Jesus! Sogar nach deinem Tod willst du mir zeigen, ja mir den Beweis erbringen, dass du mich liebst und mir eine Zufluchtsstätte in deinem Herzen bereitest. Es kommt ein Soldat, der sich, einer höheren Gewalt gehorchend, deines Todes versichern will. Mit einer Lanze öffnet er deine Seite, bringt dir eine tiefe Wunde bei und durchbohrt dein Herz. Du, meine Liebe, vergießt die letzten Bluts- und Wassertropfen, die dein liebeglühendes Herz noch enthält. Oh, was sagt mir nicht diese Wunde, welche die Liebe geöffnet hat! Ist auch dein Mund verstummt, so spricht doch dein Herz, und es sagt zu mir:

„Mein Kind, nachdem ich alles hingegeben hatte, wollte ich durch diese Lanze für alle Seelen einen Zufluchtsort in meinem Herzen öffnen lassen. Dieses offene Herz wird ohne Unterlass allen zurufen: ,Kommt zu mir, wenn ihr gerettet werden wollt. In diesem Herzen werdet ihr die Heiligkeit finden und heilig werden, in ihm Trost in der Betrübnis, Stärke in der Schwäche, Frieden in den Zweifeln und Gesellschaft in der Verlassenheit. Ihr Seelen, die ihr euch sehnt nach Liebe zu mir, wollt ihr mich wirklich lieben, dann kommt und nehmt Aufenthalt in diesem meinem Herzen. Hier werdet ihr die wahre Liebe zu mir finden, glühende Flammen, die euch entzünden und gänzlich verzehren. Alles hat seinen Mittelpunkt in diesem Herzen. Hier sind meine Sakramente, hier ist meine Kirche, hier der Pulsschlag ihres Lebens und das Leben aller Seelen.´ In diesem Herzen empfinde ich auch die Entweihungen meiner Kirche, die Anschläge ihrer Feinde, die Pfeile, die sie treffen, die Leiden meiner Kinder, die man mit Füßen tritt. Ja, es gibt keine Beleidigung, die dieses mein Herz nicht fühlte. Darum, mein Kind, sei dein Leben in diesem meinem Herzen, verteidige mich, sühne für mich und führe mich zu ihnen.”

Meine Liebe! Hat eine Lanze dein Herz für mich verwundet, dann bitte ich dich, dass auch du mit eigenen Händen mein Herz, meine Neigungen, meine Begierden und mein ganzes Wesen verwunden möchtest. Nichts sei an mir, was nicht verwundet wäre von deiner Liebe. Was ich dabei leide, vereinige ich mit den übergroßen Leiden unserer lieben Mutter Maria, die, als sie dein Herz durchbohrt sah, vor Schmerz und Liebe dem Tode nahe war.

Mein Jesus, in diesem deinem durchbohrten Herzen werde ich mein Leben finden. Alles, was ich brauche, um wirken zu können, werde ich aus diesem Herzen holen. Dann werden meine Gedanken nicht mehr selbst lebensfähig sein, und selbst wenn sie kommen, werde ich mir deine Gedanken zu eigen machen. Auch mein Eigenwille wird nicht mehr lebensfähig sein, und selbst wenn er sich regt, werde ich mich an den deinigen halten. Meine Eigenliebe wird absterben. Sollte sie aufleben, werde ich deine Liebe nehmen. Jesus, dein ganzes Leben ist mein Leben. So ist es dein Wille, und so ist es mein Wille.

 

Abnahme vom Kreuz

Mein im Tode verblichener Jesus! Ich sehe, dass die Jünger sich beeilen, dich vom Kreuz abzunehmen. Joseph von Arimathäa und Nikodemus, die sich seither verborgen hielten, wollen dir jetzt, voll Mut und ohne Menschenfurcht, ein ehrenvolles Begräbnis bereiten. Darum ergreifen sie Hammer und Zange, um die heilige und doch so traurige Aufgabe zu erfüllen, dich vom Kreuz loszumachen, während deine schmerzdurchbohrte Mutter die Arme ausbreitet, dich in ihren Schoß aufzunehmen.

Mein Jesus! Während sie dich vom Kreuz loslösen, will auch ich deinen Jüngern behilflich sein und deinen heiligen Leichnam halten. Mit deiner heiligen Mutter will ich dich anbeten, dir die Zärtlichkeit meiner Liebe erweisen und mich sodann in deinem Herzen verschließen, um nie mehr aus ihm herauszugehen.

 

Erwägungen und praktische Übungen.

Jesus wollte nach seinem Tode aus Liebe zu uns mit einer Lanze sein Herz verwunden lassen. Lassen auch wir uns in allem durch die Liebe zu Jesus verwunden oder durch die Liebe zu den Geschöpfen, zu den Vergnügungen, durch die Anhänglichkeit an uns selber? Auch die Trockenheit, die Finsternisse, die inneren und äußeren Abtötungen sind Wunden, die der Herr uns schlägt. Nehmen wir sie nicht von der Hand Gottes an, dann verwunden wir uns selber. Aber unsere Wunden lassen die Leidenschaften wachsen, vermehren die Schwäche, die Eigenliebe, mit einem Wort, jedes Übel. Betrachten wir hingegen alle diese Widerwärtigkeiten und Trübsale als Wunden, die von Jesus kommen, dann wird er in uns seine Liebe, seine Tugenden und seine Ähnlichkeit hineinlegen. Diese Wunden werden unaufhörlich vernehmbare Stimmen sein, die ihn rufen und nötigen, ständig bei uns zu verweilen.

Mein Jesus, deine Lanze sei meine Wächterin, die mich verteidigt gegen jede Verwundung seitens der Geschöpfe.

Jesus lässt sich vom Kreuz abnehmen und in die Hände seiner Mutter legen. Legen auch wir in die Hände unserer himmlischen Mutter alle unsere Befürchtungen, unsere Zweifel, unsere Wünsche?  Jesus ruht auf dem Schoß seiner Mutter. Gönnen auch wir Jesus ein Ruheplätzchen in unserem Herzen, indem wir unsere Befürchtungen und Aufregungen von uns fernhalten?

Meine Mutter, nimm mit deinen mütterlichen Händen all das aus meinem Herzen, was Jesus hindern könnte, in mir einen Ruheort zu finden.